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Schon nach einer Woche in Deutschland war Daniel klar, dass sein neues zu Hause nicht im Ansatz so ist, wie er und alle seine Freunde es sich in Spanien vorgestellt hatten. Der Software-Entwickler war gerade erst von Andalusien nach München gezogen, um dort mit seiner Freundin zu wohnen. Er spazierte durch die Münchner U-Bahn. “Auf einmal sah ich einen alten Mann, 70 Jahre betimmt, mit einem Blaumann. Er fegte die Treppen. All meine Vorstellungen zerplatzten.” War es das, was Daniel in Deutschland erwartete? Schlecht bezahlte Arbeit, unter schlechten Bedingungen, bis ins hohe Alter?
Daniel ist einer der vielen Auswanderer aus Südeuropa, aus Portugal, Spanien, Italien und Griechenland, die auf der Suche nach einer weniger düsteren Zukunft in den Norden ziehen. In den vergangenen Jahren verließen immer mehr Spanier ihr Land, vor allem Richtung Deutschland. Daniel kam genau in dieser Phase, in 2012.
“Meine Freundin zog ein paar Jahre vorher hierher, ohne Arbeit. Total verrückt – aber sie fand einen Job, als sie hier war. Von ihrem Gehalt konnten wir beide leben”, sagt ein noch immer überraschter Daniel. In Spanien wäre es kaum möglich, sagt Daniel, dass beide Partner von nur einem Gehalt leben können.
In Daniels Heimatland stehen Auswanderer seit 2011 im Fokus. Damals hatte Spanien das erste Mal mehr Aus- als Einwanderer. Einige sehen das positiv. Der Arbeitsminister bezeichnete die Auswanderungswelle als “Arbeitsmobilität”. Andere haben dagegen Angst vor einem “brain drain” und davor, dass Spanien langfristig seine Zukunft verliert. “Es geht ums Überleben – und um Mut. Da wo ich herkomme, da sind wir alle sehr eng mit unserem Land verbunden. Aber das Land wiegt am Ende weniger schwer als das Brot, das fehlt.”
Daniel bemerkt im Münchner Alltag regelmäßig Diskriminierung gegen südeuropäische Einwanderer – besonders, wenn Sprachbarrieren oder soziale Unterschiede dazukommen. “Wenn Du mit einem Uni-Abschluss und einem Job aus dem Süden kommst, dann hast Du keine Probleme. Wenn Du aber ein dunkelhäutiger Grieche bist, der nur die Zeitung ausliefert, wirst Du auf mehr Idioten treffen, als Du Dir vorstellen kannst”, sagt Daniel. “Das Problem ist das gleiche wie in Spanien. Die Diskriminierung richtet sich nicht grundsätzlich gegen Einwanderer. Die Frage ist, ob der Einwanderer reich ist oder arm.”
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