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Die Geschichte des portugiesischen Mathematikers Diogo Oliveira e Silva ist die eines Kosmopoliten, eines hochqualifizierten Migranten, der weit weg von zu Hause – auf verschiedenen Kontinenten – inspirierende Forschungserfahrung und persönliche Begegnungen gesammelt hat.
In Bonn kam der 31-jährige Diogo vor zwei Jahren an. Seine Wanderung begann viel früher. Schon als junger Student wusste Diogo, dass dort draußen in der weiten Welt noch viel mehr auf ihn wartete. 2005 war Diogo das erste Mal an der Technischen Universität Berlin gewesen, ein Jahr zuvor auch an der Unabhängigen Universität Moskau. Diogo studierte Mathe, Deutsch und Russisch.
Als Diogo 2006 mit seinem Studium an der Uni in Porto durch war und einen Doktor dranhängen wollte, schaute er sich “ein paar lokale Möglichkeiten” in Portugal an, entschied sich aber schließlich für die USA. “Die Meinung von Kollegen und Professoren war klar: Einige ausländischer Universitäten würden mir ein Weltklasse-Umfeld geben, dass es so in Portugal einfach nicht gibt”, sagt Diogo. “Alle waren sich einig, dass ich nach solch einer Erfahrung ein deutlicher besserer Kandidat wäre, um später voll einzusteigen im portugiesischen Uni-System.”
Es folgten sechs Jahre im kalifornischen Berkeley mit einer Serie von “aufregenden Abenteuern, mathematisch und auch sonst”. 2012 war aus dem portugiesische Mathematik-Studenten Doktor Diogo geworden. Und der wollte zurück nach Europa. Das Problem: “Auf meinen Reisen nach Europa ist mir klar geworden, dass sich die Situation verändert hatte und die Finanzkrise wirklich überall war.” Diogo glaubte trotzdem noch immer an Europa und wollte seinem Heimatkontinent eine zweite Chance geben.
“Würde ich es mögen? Würde ich mich immer noch zu Hause fühlen? Das waren Fragen, die ich mich hätte fragen sollen, bevor ich im Spätsommer 2012 zurück nach Europa kam. Aber ich hatte keine Zeit, mir diese Fragen zu stellen.”
Diogo wurde eingeladen, am Hausdorff Center for Mathematics an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn zu arbeiten. In einer Stadt, die er als “Paradies für Mathematiker” beschreibt.
“Jetzt unterrichte ich zum ersten mal auf deutsch. Die Arbeit an der Uni ist aufregend und herausfordernd.” Diogo reist viel für seinen Job, innerhalb Europas. Im vergangenen Jahr hielt er einen Vortrag pro Monat in Mathematik-Instituten auf dem ganzen Kontinent. “Ich konnte mir wissenschaftliche Bedingungen in elf verschiedenen Ländern ansehen und vergleichen.”
Diogo ist begeistert von Deutschland, “ein Land, in dem vieles richtig gut läuft und der Lebensstandard sehr hoch ist.” Für Einwanderer sei es aber extrem wichtig, die Sprache zu lernen, um tiefer ins soziale Netz eindringen zu können. Diogo gefällt, dass Deutschland in der Mitte Europas liegt und er so den ganzen Kontinent bereisen kann, Portugal eingeschlossen.
Zwei Jahre nach seinem Umzug nach Bonn versucht Diogo die Fragen zu beantworten, die er sich 2012 aus Zeitmangel nicht gestellt hat. “Auch wenn die Winter hart sind und es zu viele Streiks im öffentlichen Personenverkehr gibt, gefällt mir der europäische Lebensstil sehr gut. Und ich fühle mich hier auch nach wie vor zu Hause.”
Natürlich sind Diogo die Probleme bewusst, durch die Europa in den vergangenen Jahren gehen musste. Aber er geht davon aus, dass es besser wird. Er drückt Portugals Wirtschaft die Daumen und hoffe, dass das Land bald ein besseres wissenschaftliches Umfeld und vernünftige Arbeitsbedingungen anbieten kann. “Sobald dieser Tag kommt, packe ich meine Sachen und gehe zurück nach Hause.”
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