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„Bitte lebn” – Das Graffiti ganz oben am “Bonjour Tristesse”-Gebäude in Berlin-Kreuzberg, gebaut von der portugiesischen Architektin Siza Vieira, es könnte das Motto sein von tausenden Portugiesen, die seit dem Beginn der Finanzkrise nach Deutschland ausgewandert sind. Unter ihnen ist Maria de Vasconcelos, eine 33-Jährige Künstlerin. Im September 2013 kam Maria mit ihrem Partner und ihrem dreijährigen Sohn nach Berlin.
“Wir wollten unser Kind nicht an einem Ort erziehen, an dem wir nicht wussten, ob wir überleben würden.” Als freie Künstlerin musste Maria jahrelang um genügend Geld kämpfen. “Das Ganze wurde unerträglich. Und bevor für uns alles zusammenbrach, sind wir lieber hierher gekommen”, sagt Maria. Sie klagt über die fehlende soziale Absicherung in Portugal, vor allem für Freiberufler. “Wenn Du krank wirst, ist das Dein Problem. Wenn Du keine Arbeit hast, ist das Dein Problem. Wenn Du ein Kind hast, ist das einfach nur Dein Problem. Hier in Deutschland ist das ganz anders.”
Sich an einen Ort zu gewöhnen, an dem “alles anders” ist, war nicht einfach für Maria, wie sie ein Dutzend Mal wiederholt. “Es ist nicht einfach, wenn Du fast ohne Geld in einem Land ankommst.” Vor allem, wenn man noch nach einem Platz zum Leben sucht und Leute ihre Wohnungen nicht an Mieter ohne Job vergeben wollen. “Da ich die Sprache nicht spreche, steht zwischen mir und der Welt drumherum eine riesige Mauer. Jetzt lerne ich. Aber nein, ankommen ist niemals leicht.”
Am Ende hat aber alles geklappt. Marias Familie hat nun eine Unterkunft, einen Kindergarten für das Kind und auch Jobs. Maria ist als Schauspielerin ihr eigener Chef. Ihr in Deutschland geborener Mann Paulo arbeitet im Bereich erneuerbare Energien.
Die Familie ist glücklich in Berlin, einem besonderen Ort, wie Maria hinzufügt. Hier kämen die Menschen immer zusammen, “wenn sie sich unfair behandelt fühlen”. Das hat Maria so in Portugal nicht erlebt. “Durch die Krise sind die Leute enger zusammengerückt, aber sie sind immer noch sehr isoliert mit ihren Problemen. Hier kämpfen die Menschen. Ich mag es, an einem Ort zu sein, an dem die Menschen noch eine Stimme haben.”
Denkt Maria an Portugal, seufzt sie voller Heimweh. “Ich vermisse mein Land. Aber ich weiß nicht, ob es das, was ich vermisse, überhaupt noch gibt.” Sie würde gern zurück gehen, “weil es wunderschön ist, tolles Wetter, großartiges Essen, hübsche Menschen” – aber im Moment hat sie keine Wahl. Vielleicht geht es zurück, wenn sie kein Geld mehr verdienen muss. “Genau das ist nämlich das Problem in Portugal.”
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