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Wann Giolika das erste Mal darüber nachdachte, Griechenland zu verlassen? Als sie 2011 auf einmal arbeitslos war. Giolika füllte die Formulare der griechischen Arbeitsargentur aus – ohne wirkliche Aussicht auf irgendeine Arbeit. Damals hatte sie bereits einen Abschluss der Aristoteles Universität in der Tasche, als Grundschullehrerin.
Doch Giolika war nicht nur arbeitslos, sie wollte auch unbedingt weiterstudieren. Und zwar in einem Bereich, den es in Griechenland so kaum gibt. Giolika schaute sich in ganz Europa um, ehe ihre Bewerbung der Berliner Universität der Künste gefiel. Jetzt studiert Giolika mit Hilfe eines Stipendiums, im Moment steckt sie im letzten Jahr ihres Master-Studiums in Theater-Pädagogik.
Giolika sagt, von ihren Kommilitonen, alles Kunst-Studenten, habe sie sich zum Glück keine Beleidigungen gefallen lassen müssen – so wie es ihr andere Einwanderer berichtet haben. “Meine Kommilitonen hatte nicht wirklich Ahnung, was in Griechenland ablief. Im Alltag hatte ich deshalb kein minderwertiges Gefühl wegen der griechischen Krise und all der Armut.”
Giolika erinnert sich aber auch an Situationen, in denen sie sich wegen ihrer Herkunft unwohl fühlte. Zum Beispiel, als sie in Berlin ein Zimmer zur Miete suchte. “Bei einer Bewerbung haben sie mich gefragt, ob ich denn überhaupt das Geld hätte, um meine nächste Monatsmiete zu zahlen. Ich dachte erst, das wäre ein Witz.” Ein anderes Beispiel: “In der Metro, griechisch sprechend. Wenn dich dann jemand anstarrt, der wie ein Neonazi aussieht, ist das ein Grund, Angst zu bekommen.”
Giolika hat aber auch jede Menge Spaß in Berlin. “In Griechenland fragt mich jeder, ob ich schon Angela Merkel gesehen habe. Und hier fragt mich jeder, ob ich den ganzen Tag nur Souvlaki und Mousaka esse. Aber sie meinen es witzig.”
Als Giolika nach Berlin kam, waren soziale Unruhen in Griechenland an der Tagesordnung. Für ihre neuen Freunde in Deutschland ist das dagegen neu, sie finden Giolikas Leben in Griechenland extrem interessant and fragen sie über alles aus.
Der größte Unterschied zu Griechenland im Berliner Alltag? Die Effizienz der deutschen Behörden. Die Unterstützung für Arbeitslose zum Beispiel bewundert Giolika. “Klar musst Du viele Formulare ausfüllen, aber wenigstens lohnt sich hier die ganze Arbeit am Ende auch.”
Giolika hat Heimweh und wird sehr emotional, wenn sie über Griechenland spricht. “Ich vermisse die Sonne. Das ist wirklich ein großes Problem für mich. Den ganzen letzten Monat war es nur grau hier, die ganze Zeit.” Sie vermisst die Mentalität ihrer Landsleute, ihren Optimismus und den Glauben daran, dass sich alles am Ende zum Besten wendet. Und zweifelt dann selbst: Giolika glaubt, dass sogar ihre Leute in Griechenland durch die Krise ihre Mentalität verloren haben. “Ich glaube dass Griechenland im Moment in einer Mischung aus Melancholie und Verweigerung feststeckt.”
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